Sonntag, 11. August 2013

Die beliebten zwei Worte: "Mir egal!"

Man nehme versuchsweise mal ein Mikrofon in die eine und einen Kameramann an die andere Hand, lustwandle mit beiden durch die belebte Einkaufsmeile irgendwo in einer größeren deutschen Innenstadt, greife sich zwischendurch immer wieder mal jemanden aus der dahineilenden Menge und stelle ihr, ihm oder gleich beiden diese Frage: "Was halten Sie davon, wenn die Geschäfte zukünftig 24 Stunden, auch an Sonn- und Feiertagen, öffnen dürften?". Die mit deutlichem Abstand meisten Antwortmöglichkeiten hierauf reichen alters- als auch geschlechterübergreifend von "Wäre echt toll!" bis zu "Das fände ich suuuuper!".
Stellt man dann eine weitere Frage im Sinne von "Und was ist mit dem Verkaufspersonal? Das hätte dann ja noch weniger Zeit für ihr Familienleben als jetzt schon." schallt einem in der Regel ein "Mir egal" zurück. Nicht ganz so mundfaule Befragte stellen gelegentlich noch ein "Is´" vor das "mir". Regelrecht wortgewaltige Exemplare bringen sogar ein zusammenhängendes "Das ist mir, ehrlich gesagt, egal" zustande!
Manche fühlen sich auch bewogen, eine kurze Begründung nachzuschieben. Die hört sich dann so an: "Für mich ist eben wichtig, dass ich dann einfach immer shoppen gehen kann, wenn ich Lust dazu habe. Wäre doch Spitze, wenn man nach dem Discobesuch sonntagfrüh gleich in die Kaufhäuser gehen könnte.".
Gern genommen als weiterführende Erläuterung wird zudem "Die arbeiten doch alle freiwillig da, die zwingt doch keiner. Wenn´s denen nicht gefällt, dann können die ja kündigen.".

Hier haben wir ein schönes Beispiel für eine weitere Grundhaltung des Deutsch-Menschen gefunden: Alles für andere Unangenehme, von dem er selbst allerdings nicht unmittelbar betroffen ist bzw. von dem er meint, es beträfe ihn jetzt und auch in Zukunft nicht, sowie die von diesen Unannehmlichkeiten direkt berührten Menschen sind ihm einfach schnurz. Nicht ganz so mundfaule Schreiberlinge würden hinter "schnurz" übrigens noch ein "piepegal" anfügen.

Andere Angelegenheiten wiederum, die sich auf das Alltagsleben des Deutsch-Menschen ebenfalls nicht direkt auswirken, sind ihm seltsamerweise nicht egal. Bei den männlichen Vertretern wäre das z.B. die Fußball-Bundesliga. Oder mehr oder weniger im Kreis umher fahrende professionelle Automobilpiloten, speziell diejenigen deutscher Nation.
Bei den weiblichen Vertreterinnen hingegen wären das beispielsweise bevorzugt irgendwelche Royal Babies, Royal Weddings oder was eine gewisse Daniela Hundetaler wieder so anstellt. Für letzteres soll sich aber durchaus auch der eine oder andere maskuline Deutsch-Mensch interessieren.
Zum Ausgleich dafür ist der weibliche Deutsch-Mensch dann bei internationalen fußballerischen Großereignissen für 2 bis 4 Wochen fußballbegeistert. Das eben aber nur solange, wie die deutsche Elf im Turnier vertreten ist, versteht sich.

Was die Lebensumstände anderer Menschen angeht, so begegnet der Deutsch-Mensch auch diesen in der Regel mit einer gewissen Gleichgültigkeit. Wer wo unter welchen Bedingungen z.B. die von ihm als überzeugten Nicht-Nudisten benötigten Textilien fertigt, das geht ihm nun mal ebenfalls am Allerwertesten vorbei. Billig muss nun mal auch hier sein, egal welchen Preis die - oftmals sogar kindlichen - TextilienfertigerInnen dafür zahlen müssen.
Im Grunde genommen sind dem Deutsch-Menschen die Lebensverhältnisse derer, die außerhalb des Mittelpunkts seiner eigenen kleinen Welt leben, sowieso schnuppe. Er hat nun wahrlich nichts dagegen, dass die "High Society" in Saus und Braus lebt, auch wenn sie ihren Sause- und Brause-Lebensstandard nicht zuletzt auch ihm verdankt. Woher die letztlich ihre Kohle haben, auf welchen geraden oder krummen Touren das Vermögen zustande gekommen ist und wofür es verprasst wird, das juckt ihn halt nicht sonderlich.

Anders verhält es sich jedoch mit den zumeist unfreiwilligen BezieherInnen staatlicher Transferleistungen. Da ist es dem aufrechten Deutsch-Menschen ausnahmsweise nicht egal, wofür diese Bevölkerungsgruppe die paar Kröten verwendet, die ihr gerade so noch zugestanden wird. Er hat ein enorm wachsames Auge darauf, dass dieses Geld von den seiner Meinung nach "staatlich alimentierten Subjekten" ausschließlich für die wirklich absolut lebensnotwendigen Dinge verwendet wird. In Leserkommentaren sowie am Stammtisch wird er dabei nicht müde, bei diesen Menschen noch weiteres Einsparpotential zu entdecken. Und im austüfteln von Möglichkeiten, wie man "denen da" noch stärker "ordentlich Feuer unterm Arsch" und letzteren "mal richtig aufreißen" könne, ist sein Einfallsreichtum nicht minder beeindruckend. Ob als "Erfolg" solcher deutsch-menschlichen Vorschläge jemand noch mehr hungern, frieren oder seine altvertraute Wohnung verlassen muss, das ist so einem deutsch-menschlichen Vorschläger dann aber wieder egal.

Wir sehen also: Alles ist dem Deutsch-Menschen wohl doch nicht egal, zumindest nicht so ganz. Er setzt dabei halt nur bestimmte  Prioritäten. Und die oberste Priorität lautet "Was geht mich das Elend anderer Leute an?".
Sollte sich durch diesen Text nun jemand ggf. auf den Schlips oder die Füße getreten fühlen - klare Antwort darauf: Ein herzliches "Mir egal!"!











Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen